Essstörungen
Allen Essstörungen ist ein veränderter Umgang mit Nahrung gemeinsam. So wird bei einer Anorexie dauerhaft zu wenig Nahrung aufgenommen. Bei einer Bulimie kommt es dagegen zu Essattacken mit der Aufnahme großer Mengen an Nahrung, die anschließend wieder erbrochen wird. Wird regelmäßig sehr viel Nahrung im Rahmen von Essattacken oder ständigem Naschen aufgenommen, ohne dass es zu Erbrechen kommt, bildet sich bei Betroffenen häufig ein Übergewicht (Adipositas) aus.
Es gibt unterschiedliche Essstörungen
Menschen mit Anorexia nervosa (Magersucht) haben einen übermäßigen Wunsch schlank zu sein. Hierbei kommt es zu einer Verzerrung der eigenen Körperwahrnehmung. Betroffene empfinden sich selbst als übergewichtig, obwohl die Umwelt sie als viel zu dünn erlebt und auch objektive Maße (Verhältnis von Gewicht zu Körpergröße) in einem untergewichtigen Bereich liegen. Sie entwickeln im Laufe der Erkrankung oftmals ein lebensbedrohliches Untergewicht. Trotz des geringen Gewichts besteht eine starke Angst davor, dick zu werden oder die Kontrolle über das Gewicht zu verlieren. Die Auswahl der Lebensmittel wird immer weiter auf kalorienarme Speisen reduziert, was zu einer Mangelernährung führt. Mitunter werden zusätzlich Abführmittel eingenommen oder es wird exzessiv Sport getrieben.
Die Erkrankung beginnt selten vor der Pubertät. Es gibt einen Altersgipfel im Bereich von 14 bis 18 Jahren. Junge Frauen sind zehnmal häufiger betroffen als junge Männer. Häufige körperliche Folgeerscheinungen sind das Ausbleiben der Menstruation, Haarausfall, ständiges Frieren, Kreislaufprobleme, Erschöpfung, Gereiztheit, mangelndes Konzentrationsvermögen, fortwährende Gedanken an Essen und depressive Verstimmungen. Gelegentlich wird ein starker Zwang ausgebildet, das Körpergewicht ständig auf einer Personenwaage zu überprüfen. Bei chronischen Verlaufsformen beträgt die Letalitätsrate 10 bis 20 Prozent.
Therapieziele und Methoden:
• Eine Behandlung im ambulanten Rahmen ist nur möglich, wenn keine akute Lebensgefahr durch das Untergewicht besteht.
• Ziel der Therapie ist die Normalisierung des Körpergewichts und des Essverhaltens bei gleichzeitiger emotionaler Stabilisierung.
• Es wird Wissen vermittelt zu den Zusammenhängen zwischen gesunder und ausreichender Ernährung und körperlicher Gesundheit (bspw. Set-Point-Theorie gegen die Angst immer weiter zuzunehmen).
Wiederkehrende Essattacken kennzeichnen die „Ess-Brech-Sucht“. Dem übermäßigen Verlangen nach Nahrungsmitteln sind oft Diätversuche oder ausgeprägte Hungerepisoden im Sinne einer Magersucht vorausgegangen. In kurzer Zeit werden übergroße, oftmals sehr kalorienreiche Essensmengen konsumiert. Es wird sozusagen alles das gegessen, was man sich zuvor im Zuge der Magersucht oder Diät versagt hat. Aus Angst vor Gewichtszunahme wird das Essen hinterher wieder erbrochen. Ergänzend werden zum „Ausgleich“ oft Abführmittel genommen, exzessiv Sport getrieben oder Hungerphasen durchlebt, die wiederum die Wahrscheinlichkeit eines neuen kompensatorischen Essanfalls erhöhen.
Bulimie kann schwere seelische und körperliche Folgen haben. Zu den körperlichen Folgeschäden zählen unter anderem Schäden am Zahnschmelz, Magen-Darm-Störungen, Nierenschäden aufgrund des gestörten Mineralstoffhaushalts, Schwindel, mangelnde Konzentrationsfähigkeit und Herz-Rhythmus-Störungen.
Anwachsende Verzweiflung und Scham wegen des erlebten Kontrollverlustes im Umgang mit Nahrungsmitteln mindern das Selbstvertrauen und die soziale Kontaktfähigkeit. Ähnlich wie bei der Magersucht besteht eine starke Angst vor dem „Dickwerden“. Das Selbstbild hängt in übermäßiger Weise von der Figur ab. Die ständigen Selbstzweifel können in eine Depression münden. Aufgrund der übermäßigen Anschaffung von Lebensmitteln können zusätzlich finanzielle Probleme hinzukommen.
Die Erkrankung beginnt meist in der späten Adoleszenz oder im frühen Erwachsenenalter. Die Erkrankung tritt zehnmal häufiger bei jungen Frauen als bei jungen Männern auf.
Therapieziele und Methoden:
• Verbesserung der Impulskontrolle und Entwicklung von Strategien zur Emotionsregulation (sodass nicht mehr das Essen hierfür genutzt werden muss)
• Stabilisierung des Essverhaltens und Erarbeiten einer gesunden und ausreichenden sowie ausgewogenen Ernährung
• Arbeit mit den Emotionen mit dem Ziel, den Selbstwert zu verbessern
Übergewicht und Adipositas (Fettleibigkeit) sind in allen Industrienationen weit verbreitet und treten Seite an Seite mit einer Vielzahl von Gesundheitsproblemen (Bluthochdruck, Gelenkerkrankungen, Atemprobleme, Zuckerkrankheit) und massiven psychosozialen Belastungen auf. Von Adipositas spricht man laut den Richtlinien der Weltgesundheitsorganisation WHO ab einem Body-Mass-Index (BMI) von mehr als 30 Punkten. (Als Normalgewicht gilt ein BMI zwischen 18,5 und 25 Punkten.) Unzureichendes körperliches Wohlbefinden, gesellschaftliche Ausgrenzung oder Stigmatisierung führen bei adipösen Menschen oft zu seelischen Belastungen. Häufig versuchen die Betroffenen, durch Diäten immer wieder ihr Gewicht zu senken, was sich aber langfristig meist als erfolglos erweist. So kann es zu einem Jo-Jo-Effekt kommen: Nach jeder Diät steigt das Körpergewicht nach einer gewissen Zeit auf immer höhere Werte an. Diese zahlreichen erfolglosen Versuche, das Gewicht zu senken, verstärken das Gefühl zu versagen und mindern das Selbstvertrauen. Etwa 30 Prozent der adipösen Patienten weisen eine zusätzliche Essstörung wie die sogenannte Binge-Eating-Störung auf. Bei dieser Störung kommt es zu regelmäßigen heftigen Essattacken. Diese Art der Nahrungsaufnahme dient unter anderem dem Spannungsabbau und dem Ausbruch aus einer bedrückten, traurigen oder missmutigen Grundstimmung.
Therapieziele und Methoden:
• Stabilisierung des Essverhaltens und Akzeptanz eines zumeist lebenslang erhöhten Körpergewichts
• Techniken zur Spannungs- und Emotionsregulation, sofern Defizite in diesen Bereichen für das schädliche Essverhalten verantwortlich sind
• Arbeit an sozialen Kompetenzen und Selbstvertrauen, insbesondere in Hinblick auf den Abbau von Bewertungsängsten und ein positiveres Körper- und Selbstwertgefühl
• Falls notwendig die Vermittlung von Strategien zur Impulskontrolle
Bei einer Binge-Eating-Störung entwickeln die Betroffenen oft extremes Übergewicht (Adipositas). Leidensdruck entsteht durch die körperlichen Folgen des Übergewichtes, die negativen Bewertungen der Umwelt, die Unzufriedenheit mit sich sowie durch die Essstörung selbst. Bei dieser vergleichsweise häufigen Störung (etwa 4 Prozent der Gesamtbevölkerung und etwa 30 Prozent der Patienten mit Adipositas) kommt es zu regelmäßigen Essattacken. Dabei ist die Kontrolle über Menge und Art der Nahrungsaufnahme stark eingeschränkt. Obwohl kein richtiger Hunger besteht, wird sehr schnell gegessen, bis sich ein unangenehmes Völlegefühl einstellt. Es werden hauptsächlich fettreiche und süße, also kalorienreiche Lebensmittel konsumiert.
Nach einem solchen Essanfall empfinden die Betroffenen starke Schuld- und Schamgefühle. Im Gegensatz zur Bulimie (Ess-Brech-Sucht) bemühen sie sich jedoch nicht, ihr Körpergewicht durch Erbrechen, Fasten oder intensiven Sport zu senken.
Therapieziele und Methoden:
• Vermittlung von Strategien zur Impulskontrolle
• Stabilisierung des Essverhaltens bei gleichzeitig angestrebter Gewichtsabnahme
• Techniken zur Spannungs- und Emotionsregulation, sofern Defizite in diesen Bereichen für das schädliche Essverhalten verantwortlich sind
• Arbeit an sozialen Kompetenzen und Selbstvertrauen, insbesondere in Hinblick auf den Abbau von Bewertungsängsten und ein positiveres Körper- und Selbstwertgefühl