Angsterkrankungen
Menschen mit Angststörungen leiden unter ausgeprägten Ängsten. Die Ursachen und Auslöser dieser Ängste sind sehr unterschiedlich: Es gibt Ängste vor bestimmten Situationen oder vor Dingen oder Lebewesen. Häufig geht das Gefühl von Angst mit einer Vielzahl unangenehmer körperlicher Empfindungen einher. Betroffene vermeiden alles, was ihre Angst auslösen könnte, oder fliehen davor. Zwar verschwindet die Angst durch dieses Verhalten kurzfristig. Langfristig bleibt sie aber bestehen. Die Verhaltenstherapie versucht, gemeinsam mit den Betroffenen ein Erklärungsmodell für die Angst zu entwickeln. Wir unterstützen angsterkrankte Menschen dabei, sich mit den Angstauslösern auseinanderzusetzen und einen zweckmäßigeren Umgang mit ihnen zu entwickeln.
Die bekanntesten Angsterkrankungen sind:
Agoraphobie
Wer an Agoraphobie leidet, empfindet auf öffentlichen Plätzen und an Orten, wo sich viele Menschen aufhalten, Angst oder Unwohlsein. Kaufhäuser, öffentliche Verkehrsmittel oder Aufzüge sind solche Räume. In ausgeprägten Fällen ist die Angst so stark, dass Betroffene die eigene Wohnung gar nicht mehr oder nur in Begleitung einer vertrauten Person verlassen. Viele Agoraphobiker befürchten, dass sie in der Öffentlichkeit zusammenbrechen und hilflos liegen bleiben oder nicht fliehen können. Sie reagieren häufig panisch. Das Vermeiden von Situationen, die die Angst auslösen könnten, bestimmt ihr Leben.
Der Beginn einer Agoraphobie liegt in der Mehrzahl der Fälle im frühen Erwachsenenalter. Es sind hauptsächlich Frauen betroffen. Ohne effektive Behandlung verläuft die Agoraphobie in vielen Fällen chronisch. Die Krankheit wird oft von zusätzlichen Symptomen anderer Angststörungen oder einer Depression begleitet.
Therapieziele und Behandlungsmethoden:
Betroffene lernen während der Therapie den Zusammenhang zwischen ihren Angstgedanken und Angstgefühlen kennen. In der Behandlung vermitteln wir Methoden, die helfen, die Ängste zu verstehen. Betroffene lernen Angstattacken zu kontrollieren oder zu unterbrechen. Gelingt dies, begleitet ein erfahrener Therapeut die bewusste Konfrontation mit der Umwelt, die die Angst auslöst, beziehungsweise mit den Situationen, die Angst machen (Exposition/Konfrontationstherapie). Behandlungsstudien haben ergeben, dass diese Expositionstherapie die erfolgreichste Behandlung bei Agoraphobie ist.
Panikstörung
Panikattacken sind Angstanfälle, die schlagartig und überraschend auftreten. Betroffene befallen sie unvorhersehbar – „aus heiterem Himmel“. Häufig entwickeln sie sich unerwartet aus dem Schlaf heraus. Sie beginnen in vielen Fällen mit plötzlichem Herzklopfen. Herzrasen, Brustschmerzen, Schwindel, Atemnot, das Gefühl zu ersticken und Schwitzen sind weitere deutliche Erkennungszeichen. In der Regel fürchten die Betroffenen während eines Angstanfalls zu kollabieren oder sogar zu sterben. Viele Leidtragende ängstigen sich vor einem Kontrollverlust und vor dem „Verrücktwerden“. In der Folge scheuen sie Orte und Situationen, in denen sie bereits eine Angstattacke erlebt haben. Ein solch ausgeprägtes Vermeiden ist ein Hinweis auf eine zusätzliche Agoraphobie. Das alltägliche Leben ist dadurch beträchtlich eingeschränkt. Um den Alltag zu bewältigen, braucht es sehr oft „Sicherheitsmaßnahmen“: Ohne Begleitpersonen, Notfallmedikamente oder ein Notfallhandy trauen sich die Betroffenen nicht mehr aus dem Haus. Viele Menschen, die unter Panikattacken leiden, schämen sich und fürchten sich davor, im „Notfall“ keine Hilfe zu bekommen. Bleibt eine Panikstörung unbehandelt, entwickelt sich bei vielen Leidtragenden im Laufe der Jahre eine zusätzliche depressive Störung.
Therapieziele und Behandlungsmethoden
In einer Verhaltenstherapie wollen wir gemeinsam mit dem Betroffenen mehr über die Entstehung seiner Panikstörung herausfinden. Dieses Entstehungsmodell macht es leichter, die „Angstspirale“ zu verstehen, die zwischen dem Gefühl der Bedrohung und den damit einhergehenden körperlichen Beschwerden entsteht.
In der Folge trainieren wir mit gezielt provozierten Panikattacken einen besseren Umgang mit der plötzlichen Angst. Diesen Prozess leitet ein Therapeut sorgsam an und begleitet ihn. Darüber hinaus bearbeiten wir weitere Faktoren, die zusätzlich am Entstehen der Panikstörung beteiligt sind.
Einen großen Anteil an solchen Störungen hat die starke Anspannung des Betroffenen. Wirksame Übungen zur Entspannung helfen langfristig, diese zu lösen. Einmal eingeübt, sind diese Methoden immer wieder abrufbar. In unserer Therapie setzen wir auf wissenschaftlich und klinisch bewährte Behandlungsverfahren.
Soziale Phobie
Menschen mit einer sozialen Phobie fürchten und meiden zwischenmenschliche Kontakte. Sie ängstigen sich davor, dass sie jemand ablehnt oder negativ bewertet. Manche soziale Phobien treten nur in bestimmten, eng begrenzten Situationen auf. Das kann beispielsweise beim Essen oder Sprechen in Gegenwart anderer Menschen sein oder wenn Betroffene dem anderen Geschlecht begegnen. Sie können aber auch unbestimmt auftreten und fast alle Situationen außerhalb des gewohnten Umfelds betreffen. Soziale Phobien werden oft durch ein niedriges Selbstwertgefühl und Furcht vor Kritik begleitet. Meist mangelt es den Betroffenen an sozialen Fertigkeiten: Sie sind zum Beispiel unfähig, Nein zu sagen, oder nicht in der Lage, eigene Bedürfnisse und Wünsche auszudrücken. Bis zu 15 Prozent der Bevölkerung entwickeln im Laufe ihres Lebens eine soziale Phobie. Diese äußert sich in Beschwerden wie Erröten, Zittern der Hände, erhöhter Harndrang oder Übelkeit. Wenn soziale Phobien einen hohen Leidensdruck erzeugen oder das soziale und berufliche Leben stark beeinträchtigen, ist eine Behandlung sinnvoll. Unbehandelt ergibt sich oft ein chronischer, in der Schwere der Störung variierender Verlauf. 80 Prozent der Betroffenen leiden an weiteren psychischen Beschwerden, am häufigsten an anderen Angststörungen oder depressiven Störungen.
Therapieziele und Behandlungsmethoden
Gemeinsam mit den Betroffenen entwickeln wir zunächst ein verständliches Entstehungsmodell ihrer Störung. Der Blick richtet sich auf das ausgeprägte Sicherheitsverhalten, das viele im Verlauf der Erkrankung als scheinbar wirksames Mittel gegen die Angst aufbauen. Wir wollen dieses Verhalten erkennen und aufzeigen, dass es die Angst aufrechterhält. Ob es sich um begründete soziale Ängste handelt, überprüft der Therapeut in verschiedenen Tests. In kleinen Schritten üben wir ein anderes Verhalten in sozialen Situationen ein und probieren es aus. Zusätzlich arbeiten wir an den sozialen Kompetenzen und am Selbstbewusstsein. Letztendlich konfrontiert der Therapeut den Phobiker mit der angstauslösenden Situation. Dabei leitet er den Betroffenen an und begleitet ihn (Exposition/Konfrontationstherapie).
Generalisierte Angststörung
Menschen mit einer generalisierten Angststörung fühlen sich über längere Zeiträume von übertriebenen, unrealistischen Sorgen getrieben. In den Augen der Betroffenen sind das schreckliche Ereignisse, die sich unter Umständen in der Zukunft ereignen werden. Diese Sorge erstreckt sich über verschiedene Lebensbereiche wie Beruf, Familie und Gesundheit. Im Mittelpunkt steht in der Regel die quälende Angst, dass wichtigen Bezugspersonen oder einem selbst etwas Schlimmes zustoßen könnte.
Betroffenen fällt es schwer, diese Sorgen zu kontrollieren. Um sich zu beruhigen, beginnen viele Leidtragende, für sie wichtige Bezugspersonen ständig zu kontaktieren und zu kontrollieren. Sie wollen sicher sein, dass ihnen nichts passiert ist.
Dieses Verhalten kann die Beziehung zwischen den Betroffenen und ihrem Umfeld schwer belasten, das sich zum Beispiel betroffene Familienmitglieder unnötig überwacht fühlen. Sehr oft wird eine generalisierte Angststörung durch körperliche Beschwerden begleitet.
Diese können sein:
• Ruhelosigkeit,
• Zittern,
• Benommenheit,
• Schwindelgefühl,
• leichte Ermüdbarkeit,
• Oberbauchbeschwerden,
• Konzentrationsschwierigkeiten,
• Reizbarkeit,
• Muskelspannung,
• Schlafstörungen oder
• Leere im Kopf.
Viele Betroffene wollen Ruhe finden oder vor den eigenen Ängsten und Beschwerden fliehen. Sie greifen dann zum Beispiel zu Alkohol oder Tabletten. Die Beschwerden bestehen meist über mehrere Monate und beeinträchtigen den Alltag. Es besteht die Gefahr, dass die Betroffenen zusätzlich depressiv erkranken.
Spezifische (isolierte) Phobien
Diese Ängste beschränken sich auf typische Situationen oder Objekte. Beispiele sind die Angst vor bestimmten Tieren, vor Arztbesuchen oder Prüfungssituationen. Manche Menschen entwickeln auch Ängste vor Blut und Verletzungen. Die Konfrontation mit der entsprechenden Situation oder dem Objekt löst sofort Panik oder den Impuls zur Flucht aus. Betroffene meiden nach Möglichkeit derartige Situationen. Spezifische Phobien entstehen fast immer in der Kindheit oder im frühen Erwachsenenalter und bleiben unbehandelt oft lange bestehen. Wie weit die Ängste das Leben einschränken, ist am Aufwand zu erkennen, der nötig ist, um solche Situationen zu vermeiden.
Therapieziele und Behandlungsmethoden
Auch bei diesen Ängsten finden wir es wichtig, ein Modell zu entwickeln, das das Entstehen der Störung erklärt. Der Therapeut erarbeitet gemeinsam mit dem Patienten, welche Faktoren und Mechanismen die Angst aufrechterhalten. Schrittweise üben wir eine Annäherung an das gefürchtete Objekt oder an die Angst auslösende Situation. Diese Methode wird als Exposition bezeichnet. Dabei wird der Patient durch den Therapeuten begleitet und genau angeleitet. Auch zur Behandlung dieser Störungen verwenden wir wissenschaftlich als wirksam bewertete Verfahren.